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Treffen des Arbeitskreises „Das schwerbrandverletzte Kind“ in Hannover

Am 10. und 11. Mai 2019 war es wieder soweit: Der Arbeitskreis „Das schwerbrandverletzte Kind“ traf sich in Hannover, damit sich Expert*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen bei Vorträgen und Workshops überregional untereinander austauschen konnten. Der Arbeitskreis ist ein multidisziplinärer Zusammenschluss von Ärzten, Pflegefachkräften, Therapeuten und Betroffenen, die brandverletzte Kinder und Jugendliche behandeln bzw. sich für sie einsetzen. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Behandlung brandverletzter Kinder zu verbessern. Der Arbeitskreis besteht seit 1993 als eine Interessengruppe und hat sich als gemeinsame Plattform von Berufsgruppen, die an der Behandlung brandverletzter Kinder beteiligt sind, über die Jahre etabliert. Der Arbeitskreis „Das schwerbrandverletzte Kind“ hat neben der Verbesserung der praktischen klinischen Arbeit auch zum Ziel, die wissenschaftlichen Aspekte bei der Behandlung brandverletzter Kinder zu fördern.

Unsere Kolleg*innen aus Badagistik und Orthopädietechnik

Unsere Kolleg*innen aus Bandagistik und Orthopädietechnik

Im Arbeitskreis wird oft zuerst über neue Behandlungsmöglichkeiten informiert, die noch nicht allgemein bekannt sind. So gab es auf einer der letzten Veranstaltungen Informationen zur Möglichkeit von Haartransplantationen bei Kleinkindern, die von einer Spezialklinik in den Niederlanden angeboten wird. „Solche Informationen sind Gold wert“, sagt Orthopädietechnikermeister Marcus Preetz, der ebenfalls am Workshop-Wochenende teilgenommen hat. „Es gibt in Deutschland bisher keine Klinik, die so etwas anbietet und wir können solche Infos dann direkt an Betroffene weitergeben.“ In diesem Jahr stellten Ärztinnen des Kinderkrankenhauses auf der Bult eine spezielle Wundauflage vor, die sie eigens für Verbrühungen und Verbrennungen entwickelt haben.

Ein weiteres Thema der diesjährigen Veranstaltung war das toxic shock-Syndom. Es tritt typischerweise 48 Stunden nach einer Verbrühung oder Verbrennung und bei Kleinkindern zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr auf. Marcus Preetz erklärt: „Das toxic shock-Syndrom bedeutet vereinfacht, dass durch die Brandwunden auf der Haut Bakterien in den Körper gelangen können, die Giftstoffe entwickeln. Diese können dann zu einem schweren Kreislauf- oder Organversagen führen. Die Kinder bekommen Fieber, haben Muskelschmerzen, einen Hautausschlag oder müssen sich übergeben. Wenn man das toxic shock-Syndrom rechtzeitig erkennt, ist es mit Antibiotika leicht zu behandeln. Das Tückische ist, dass die Symptome sehr unspezifisch sein können und eher an einen grippalen Infekt oder einen Hautausschlag erinnern. Deswegen ist eine Aufklärung von Eltern und der Kinderärzten so wichtig.“

Auch unsere Expert*innen aus der Orthopädietechnik in der Leinstraße haben ihre langjährige Erfahrung wieder mit eingebracht und waren sowohl als Zuhörende wie auch als Vortragende mit dabei. Mevlüde Em und Anette Starke sind seit vielen Jahren für die Bandagistik in Hannover verantwortlich und beschäftigten sich in ihrem Workshop unter anderem mit verschiedenen Techniken bei der Verbrennungskompression im Hals- und Brustbereich. „Es geht bei den Workshops nicht um die Standardversorgung oder darum, wie man bei einem Patienten richtig Maß nimmt. Das wissen wir alle aus dem Effeff.“, erklärt Mevlüde Em. „Es geht um Sonderfälle, bei denen die üblichen Methoden nicht angewedent werden können und um den Austausch untereinander. Da hat dann einer einen neuen Ansatz, den die anderen noch nicht kannten, und durch das Zeigen konkreter Beispiele entwickeln wir gemeinsam neue Ideen und Lösungen für eine optimale Versorgung. Anette Starke ergänzt: „Die betroffenen Kinder und ihre Eltern müssen für eine erfolgreiche Behandlung die Therapie konsequent durchführen und dahinterstehen. Deswegen ist es sehr wichtig, Lösungen zu finden, die den Alltag unserer kleinen Patienten möglichst wenig beeinträchtigen. Manchmal ist das gar nicht so einfach.“

Beispiele für Nachtlagerungsschienen

Beispiele für Nachtlagerungsschienen

Janina Pahl aus der Bandagistik und Felix Schubotz aus der Orthopädietechnik hatten für ihre Workshopteilnehmer*innen reichlich Arbeitsmaterial mitgebracht. „Bei manchen Verbrennungen müssen wir noch im OP Schienen anfertigen, beispielsweise bei Verbrennungen, die ein Gelenk betreffen“, sagt Janina Pahl. „Damit soll einer Unbeweglichkeit des Gelenks entgegengewirkt werden, weil sich die geschädigte Haut nach der Behandlung zusammenzieht. Wenn wir das Gelenk von vorneherein in einer individuell angepassten Schiene fixieren, bleibt die Beweglichkeit oft erhalten und wir beugen so orthopädischen Folgeproblemen vor.“ Im Workshop durften dann alle Teilnehmer*innen selbst eine Schiene nachbauen, während Felix Schubotz Hinweise zu möglichen Materialeien und dessen Eigenschaften gab. „Es besteht oft eine große Unsicherheit, was man mit diesen Schienen machen darf und was nicht“, sagt Felix Schubotz. „Wir werden beispielsweise immer wieder gefragt, ob sich das Material bei Hitze, an einem heißen Sommertag oder beim Baden, verformt. Und viele sind ganz erstaunt, dass man mit der Schiene auch Baden oder im Schwimmbad planschen gehen darf.“

Die Kolleginnen und Kollegen ziehen auch in diesem Jahr wieder eine positive Bilanz. „Die Workshops waren sehr produktiv und der Austausch untereinander bringt immer wieder neue Ideen ans Licht, die uns im Alltag helfen“, sagt Janina Pahl. „Wir sind beim nächsten Mal bestimmt wieder mit dabei.“